„Nicht mehr mein Blick“ - Das Ende einer langen Mitgliedschaft / Blog


Seit wann ich Mitglied im VTNÖ bin, weiß ich nicht mehr genau. Es ist lange her – zwanzig Jahre vielleicht. Eine andere Zeit, mit anderen Bildern im Kopf, einem anderen Blick auf die Welt. An den Moment des Eintritts erinnere ich mich noch, denn es war stimmig. Der Verein war offen und auch irgendwie weniger elitär.


Image

Ein Austritt geschieht selten plötzlich. Es ist kein einzelner Entschluss, eher ein leiser Prozess. Man spürt, dass etwas nicht mehr passt, vor allem in einem selbst und im Bezug dazu dann auch im Verein.

Für mich war es vor allem meine fotografische Welt, die sich verändert hat. Die Bild-Motive des Vereins Landschaft, Tiere und auch die oft erwähnte Technik sind nicht mehr massgebend für meine Fotografie.

Die Naturfotografie war ein Anfang, für viele so auch für mich. Sie versprach einen einfachen Zugang zur Welt, hinschauen, warten, abdrücken. Doch irgendwann reichte das nicht mehr. Die Welt ließ sich nicht mehr in Schönbildern, goldenen Sonnenuntergängen, Blüten und Insekten abbilden. Es entstanden andere Blicke und andere Motive.

Draußen in der Natur zu sein mit der Kamera ist nach wie vor schön. Aber es macht mich fotografisch nicht mehr aus. Eine Woche an einem Bach, ein Wochenende im Auwald – das sind wunderbare Momente. Aber sie definieren nicht mehr, was ich im Großen und Ganzen unter Fotografie verstehe - Fotografie kann viel mehr sein als nur Schönbilder der Natur.

Entscheidend war letztlich, dass ich mich verändert habe und der Verein auch - einfach verändert. Und dass mir Fragen wichtig geworden sind, die im Umfeld der Naturfotografie selten oder eigentlich so gut wie nie gestellt werden.

Auf der Webseite des Vereins heißt es, Naturfotograf:Innen würden weder Tiere noch Lebensräume gefährden. Ich glaube das grundsätzlich. Aber wer hat nicht schon einmal einen Grashalm abgerissen oder ein Insekt an einen besseren Platz plaziert fürs Shooting. Kleine Eingriffe und doch zeigt sich gerade darin, wie schnell man den eigenen Anspruch unterwandert.

Wenn Achtung oberstes Gebot ist, müsste man auch darüber nachdenken, wie man in die Natur aufbricht: wie weit, wie oft, womit. Doch dieser Diskurs fehlt. Wir sprechen über Biodiversität, aber kaum über CO₂-Bilanzen. Über seltene Tiere, aber nicht über unsere Flugmeilen zu ihnen.

Ich habe viele Jahre lang auch mit großem Aufwand Motive in Österreich gesucht und damit auch fossile Energie verbraucht. Heute frage ich mich: Muss das sein? Gerade wir, die wir uns mit unserer Fotografie Naturschutz auf die Fahnen schreiben, sollten eigentlich anfangen sich selbst hier die richtigen Fragen zu stellen.

Im Verein finde ich sie nicht. Der Vereins-Blog kennt den Begriff „Klima“, gute fünfzehnmal taucht er auf. Doch nie mit dem Gedanken, dass auch wir Naturfotograf:Innen Teil des Problems sein könnten. Veränderung von innen? Vielleicht. Aber ich sehe keine Anzeichen dafür, dass mit Selbstreflexion über Klimaschutz nachgedacht wird. Im Vorwort des letzten Magazins findet man einen Hinweis darauf, aber dass war es dann schon.

Auch kann ich nicht glauben, dass wirklich kritische Texte und Artikel - im Blog oder im Magzin zu diesem Thema zu lesen wären, die uns selbst als Naturfotograf:Innen betreffen würden - denn dann müssten viele eingestehen, dass an ihren schönen Bildern aus aller Welt ein ziemlich dicker und schwerer fossiler Sack hängen würde.

Und so ziehe ich mich zurück, wie man sich eben aus etwas zurückzieht, das irgendwann angefangen hat, aber nun nicht mehr in die eigene fotografische Welt passt.

Der Verein wächst, neue Mitglieder kommen hinzu. Mein Gehen wird kaum auffallen und das ist auch gut so. Gerade Fotografinnen und Fotografen sollten sich nicht wichtiger nehmen, als sie meist zu sein glauben.



Kommentar zum Thema "„Nicht mehr mein Blick“ - Das Ende einer langen Mitgliedschaft"

Processing...


Wer meine fotografischen Wege und Gedanken unterstützen mag – sei es durch Interesse, Weitererzählen oder ein kleines Zeichen der Wertschätzung – dem gilt mein herzlicher Dank.