Unsere Energie darf nicht die Welt kosten! / Blog
Seit einiger Zeit begegnet mir immer wieder folgender Werbetext der oberösterreichischen Energie AG...
„Unsere Energie darf nicht die Welt kosten!“, ein Slogan, der uns alle beruhigen soll. Ein Versprechen voller Hoffnung und guter Absichten. Doch beim genaueren Hinsehen wird schnell klar, dass hinter diesen Worten eine eigentümliche Diskrepanz liegt. Denn ehrlich gesagt, kostet unsere Energie längst die Welt, nur vielleicht nicht so, wie der Slogan es eigentlich meint.
Ich sitze in meinem Atelier, draußen die Welt in gewohntem Zustand: der Himmel blau, die Bäume in einer sanften Brise Wind, das leise Summen der Bienen, Hummeln und dazwischen fröhliches Vogelgezwitschere. Doch hinter diesem Bild verbirgt sich eine Wahrheit, die wir in der letzten Zeit immer wieder vor Augen geführt bekommen. Unser Energiehunger ist ein Monster, das wächst und frisst. Es frisst Ressourcen, es frisst Klima, es frisst die Zukunft unserer Kinder. Nicht im abstrakten Sinne, sondern ganz konkret, denn es verwandelt Gletscher in Rinnsale, Wälder in trockene Flächen, Artenvielfalt in Geschichte.
„Unsere Energie darf nicht die Welt kosten!“ — das klingt wie eine Mahnung, ein Aufruf zu Nachhaltigkeit. Aber was, wenn das eigentlich nur ein frommer Wunsch ist? Wenn unsere Energie, unser tägliches Verlangen nach Wärme, Licht, Mobilität, Nahrung – letztlich genau das tut, was der Slogan verbietet: die Welt kostet? Nicht nur im finanziellen Sinne, sondern im Sinne von Verlust und Zerstörung
Es ist fast paradox, denn wir wissen, wie viel Energie wir brauchen, um unsere Gesellschaft am Laufen zu halten, wir wissen, wie viel Schaden wir anrichten, wenn wir fossile Brennstoffe verbrennen. Doch unsere Sehnsucht nach Bequemlichkeit und Wachstum ist größer als jede Rücksichtnahme.
Der Slogan ist ein Lippenbekenntnis, eine Verheißung, die uns vor Augen hält, was sein sollte, nicht was ist.
Die Energie die wir nutzen, die wir verwenden ist nicht nur Strom und Wärme, sie ist ein Spiegel unserer Seele, unserer Haltung. Wenn wir sagen, sie dürfe die Welt nicht kosten, dann müssen wir auch verstehen, dass unser Verhalten, unser Konsum, unser Fortkommen genau das bewirkt.
Dieser Slogan sollte nicht als Werbebotschaft gelesen werden, sondern als Herausforderung zu handeln. Ja, unsere Energie darf nicht die Welt kosten — aber sie tut es. Immer noch und nur wenn wir begreifen, dass der wahre Preis nicht in Geld zu messen ist, können wir beginnen, diesen Kurs zu ändern.
So sitzen wir hier, in der vielleicht aktiv durch Energie gekühlten Stube, vielleicht mit Strom aus erneuerbaren Quellen, doch wissen wir, dass unser riesiger Energiehunger in einem Netz von Ressourcen hängt, das für unser „Weitermachen so wie immer…“ eigentlich langsam aber sicher zerreisst. Unser Energiehunger kostet die Welt.
Und vielleicht ist das der Anfang von Verantwortung, die Welt nicht als Zitrone zum Ausquetschen zu sehen, auf der unser Energiehunger regiert, sondern als Heimat, die wir schützen müssen. Denn letztlich ist sie das Wertvollste, das wir haben.
Kommentar zum Thema "Unsere Energie darf nicht die Welt kosten!"
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