Das Editorial hätte mir schon gereicht! / Blog

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Ein Rückblick auf meine eigene Fotografie zeigt mir, dass nach drei Jahrzehnten heute vieles anderes ist als am Anfang und manches einfach nicht mehr den Stellenwert hat wie früher. Worin ich diese Veränderung sehr stark bemerke ist im fotografischen Lesestoff der vergangenen Jahre. Die meisten der Texte, der Inhalte und der von mir gelesenen Autor:Innen kommen schon lange nicht mehr nur aus der Ecke der (Natur)Fotografie - insbesondere gilt das für den Bereich der Zeitschriften.

Stand die Naturfotografie anfangs bei mir im Fokus, so hatte sich das auch in der Lektüre niedergeschlagen. Exemplarisch dafür war damals für mich das Lesen der deutschen Zeitschrift „NaturFoto“. Als ich mit der Schwarzweiss-Fotografie fotografisch und kreativ neu startete, war es eine zeitlang aus dem selben Verlag das SchwarzWeiss Magazin. Dazu ergänzte sich noch das eine oder andere Magazin aus dem englischsprachigem Raum.

Doch irgendwie hatte es keiner dieser Zeitschriften dauerhaft geschafft in meinen persönlichen Lesezirkel aufgenommen zu werden. Ein Fakt, der für mich auch immer wieder erstaunlich ist, da ich gerade beim Lesen absolut das gedruckte Wort auf Papier gegenüber elektronischen Varianten bevorzuge. Selbst als begeisteter FineArt-Printer hat es die gleichnamige deutsche Zeitschrift nicht geschafft in Form eines Abos meine Lesestoff dauerhaft zu erweitern.

Nun denkt man ernsthaft über das „Warum?“ nach - wieso ich mir mit diesen Zeitschriften schwer tue, dann kommt man nicht umhin dass, das zum Großteil an der eigenen Veränderung im Laufe der Jahre liegt. Es ist zwar nicht so, dass ich diese Zeitschriften nicht an und ab am Bahnhofskiosk in der Hand halte, aber es findet sich in vielen Fällen für mich kein Artikel mehr darin, der einen Kauf rechtfertigen würde. Die Inspiration für mein fotografisches Tun liegt schon lange nicht mehr in der ausschliesslichen Produktion von Schönbildern der Natur- bzw. Landschaftsfotografie und damit spannt sich nun der Bogen für mich zur aktuellen Ausgabe des VNTÖ-Magazins.

Vor schon längerer Zeit fischte ich eines Morgens zwei Ausgaben des VTNÖ-Magazins, die jedes Mitglied erhält aus dem Postkasten. Ungewöhnlicherweise fand diese Ausgabe gleich hinterher während dem Frühstück meine Aufmerksamkeit - ansonsten lag das Magazin eigentlich immer ewig herum bevor ich mich daran machte um es durchzublättern. Doch nicht an diesem Morgen.

So wie in den vorherigen Ausgaben stand wieder viel drinnen. Viel Text, gespickt mit einer großen Anzahl von Bildern. Dem internen Wettbewerb wurde wieder viel Raum gegeben, Artikel von Mitgliedern, ein Gastbeitrag und natürlich auch Werbung füllten das aktuelle Magazin des VTNÖ. Durch die unermüdlichen Bemühungen und das große Engagement der Vorstandsmitglieder:Innen der letzten Jahre hat sich das Vereins-Magazin sehr verändert - zweifelsohne es ist, wie so vieles andere auch moderner geworden.

Entweder lag es an diesem Morgen am Kaffee oder daran, dass ich ausgeschlafen war, aber wie sich zeigte fand ich
fast nichts Inspirierendes an den Inhalten dieser Ausgabe. Die Tierfotografie stand für mich sowieso niemals sehr hoch im Kurs - bunte, knack-scharfe und rauschfreie also vermeintlich perfekte Fotografie ist aus vielerlei Gründen für mich kein abendfüllendes Thema mehr. Und die vielen technischen Daten unter den abgedruckten Bildern halte ich sowieso für eine völlig sinnbefreite Angelegenheit und betrachte diese nur als große Ablenkung bei der Betrachtung der Bilder im Magazin.

Auch die in den manchen Artikeln immer wieder anklingenden, ewig wiederholten Floskeln, dass der Sinn der Fotografien darin bestünde, anderen zu zeigen wie schön und zerbrechlich unsere Welt sei, ist für mich mittlerweile müssig. Zeigen doch viele dabei Bilder von Orten, die ohne Vielfliegerei gar nicht erreichbar wären und letztendlich eigentlich nur für ein weiteres „Abfotografieren“ dieser Orte werben - mit allen Implikationen für Klima und Umwelt die sich dann daraus ergeben.

Wahrscheinlich liegt es an meinen sich veränderten Interessen - aber das Editorial im Magazin ist der einzige Text der mich zu genauerem Lesen anregte. Spricht dieser doch Themen an, die weit mehr wiegen als jeder der bunten, schwarzweissen und technisch perfekten Abbildungen in diesem Heft. Der einzige Schwachpunkt im Vorwort dieses Heftes liegt in der völlig falschen und unnötigen Bedienung des Stereotyps des unverfälschtem und ehrliches Bildes.

Im Editorial wird auch darauf angespielt, dass wir als Menschheit den Kopf bei allem was mit dem Klima zu tun hat in den Sand stecken. Ich denke viele unter den (Natur)-Fotograf:Innen machen das durchaus bewusst - denn beim vielen Reisen in ferne Länder bleibt einem auch nichts anderes übrig - sonst würde sich daraus ja ein großer Konflikt mit sich selbst ergeben. Da bleibt einem ja nichts anderes übrig, als für sich zu behaupten mit den Fotos, die durch „Miles & More“ erflogen worden sind, auf die Zerbrechlichkeit der Welt hinzuweisen um damit den eigenen Beitrag zu Umwelt- und Klimaschäden zu kaschieren.

Was tun die (Natur)-Fotograf:Innen hier? Sich selbst im eigenen Verhalten im Bezug auf Umwelt und & Klima kritisch hinterfragen? Anhand der meisten Artikel im aktuellen Vereinsheft ist das jedenfalls nicht zu erkennen. Muss die Reise in den hohen Norden zu den Färöer Inseln sein? Was tut man dem Klima an, wenn man seit einem Jahrzehnt immer wieder nach Kanada fliegt? Zwar zeigen einige Texte im Heft auch, dass es sich ohne gröberen Anschlag auf die Natur in Österreich auch fotografieren lässt - aber der Großteil der Fotograf:Innen setzt wohl auf massiv viel fossile Energie, um in weit entfernte Ecken der Welt zu kommen.

Der Konjunktiv, dass die Bilder der Naturfotograf:Innen eine bildgewaltige Unterstützung für die Anliegen des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes sein kann, wird wohl in auch oft in der Möglichkeitsform bleiben. Denn die Bilder des Magazins wecken bei vielen nur den Wunsch auch dort fotografieren zu wollen, nur um eine weitere Kopie von der Kopie anzufertigen.

Wir alle die zur Kamera greifen und Bilder in die Welt bringen, sollten darüber nachdenken was wir da eigentlich tun. Müssen wir wirklich andere dazu bringen unter riesigem Einsatz von fossiler Energie weit weg zu fahren - dorthin wo viele vor uns auch schon waren? Das gilt im übrigen auch für fotografische Ziele im Inland - denn oft ist es nicht leicht andere (Natur)-Fotograf:Innen zu Fahrgemeinschaften anzuhalten - damit zumindest der ganz persönliche Fussabdruck auf Natur- und Umwelt kleiner gehalten wird. Fotografie als Freizeitbeschäftigung, aber auch als Beruf ist in Sachen Energiehunger sicherlich sehr, sehr unterschätzt. Das fängt beim Transport zur Foto-Lokation an und hört beim Speichern unserer Bilddaten auf.

Mit Sicherheit mache ich mir mit diesen Gedanken höchstwahrscheinlich keine Freunde im VTNÖ. Auch liegt es auch nicht in meiner Absicht (Natur)-Fotograf:Innen umzupolen damit sie auf Reisen im Rahmen ihrer Fotografie verzichten - trotzdem sollten wir uns alles sehr darüber bewusst sein, dass wir mit unserer (natur)-fotografischen Tätigkeit auch viel dazu beitragen unbezahlte, umwelt- und klimatechnische Rechnungen an die Zukunft zu schicken.

Anhand der aktuellen Ausgabe 2025 des VTNÖ-Magazin ist mir sehr bewusst geworden, dass diese beiden Hefte, die mir freundlicherweise zugesandt worden sind - völlig falsch bei mir gelandet sind. Letztendlich ist es aber für mich nur ein weiterer Hinweis darauf, dass meine Mitgliedschaft im Verein für Tier- und Naturfotografie Österreich eigentlich in Gedanken schon vor Jahren abgelaufen ist.

Aber wenn ich etwas aus der Beschäftigung mit einer Materie, die ich sich in vielen Dingen sehr gut mit der Fotografie verbinden lässt - dem Zen-Buddhismus gelernt habe, dann ist es die Aufforderung zum selbstständigen Denken. Mehr den je ist es heute wichtig nichts einfach so zu glauben, was man nicht selbst für sich geprüft hat. Gerade intellektuell ist es wichtig, allem gegenüber, was nützlich und eventuell förderlich ist, wo immer man es auch vorfindet, offen zu blieben. Daher liebe Leser:Innen wenn ihr euch für Naturfotografie interessiert, schaut euch das Magazin selbst an und habt Freude damit.

Für mich wird es Zeit, aus den obigen Gedanken in Punkto VTNÖ auch die Konsequenz zu ziehen. Nichts ist für immer, auch die Mitgliedschaft in einem Verein kann persönlich betrachtet seine Zeit gehabt haben und nun einfach nicht mehr wichtig genug sein.


Link:
Magazine NATUR.FOTOGRAFIE des VNTÖ

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