Vor einiger Zeit ist mir eine meiner vermutlich ersten Fotografien, die ich am Wienfluss gemacht hatte wieder untergekommen. Beim Um- und Ausräumen ist mir diese Fotografie im wahrsten Sinne des Wortes in die Hände gefallen.
Blick über ein Wienfluss-Rückhaltebecken zur Westausfahrt. Von mir irgendwann aufgenommen vor 1986.
Da lag das Foto nun vor mir. Farbstichig und im kleinen Format von 9x13cm. Interessanterweise kann ich mich nicht wirklich sehr genau daran erinnern wann ich diese Aufnahme vor gut vierzig Jahren machte. Zwei Dinge dazu sind mir allerdings mehr als im Gedächtnis. Es war noch in der Zeit bevor ich zu meinen Pflegeeltern umgezogen war und ich konnte mich noch gut an die Kamera und deren Bezeichnung mit der diese Fotografie entstanden war erinnern.
Der Umstand, dass ich damals noch nicht bei meinen Pflegeeltern lebte, datiert dieses Bild irgendwo vor 1986. Entweder war ich noch in der Hauptschule oder schon mitten drinnen im allerersten Jahr der EDV-Schule. Da hatte ich ja zwar in allen EDV-Fächern brilliert, dafür sah es aber in allen anderen Schulfächern absolut katastrophal aus.
Auch wie ich denn eigentlich zu dieser Kamera gekommen war, liegt irgendwie im leichten Nebel der Vergangenheit. Am wahrscheinlichsten ist es, dass ich dieses Ding ebenfalls irgendwo am Flohmarkt bei der Kettenbrückengasse aufgelesen hatte. Warum und wieso ich überhaupt auf die Idee gekommen war, dann am Wienfluss Aufnahmen zu machen ist mir mehr als unklar. Denn die wirklich ersten einfachen Erfahrungen in Sachen Fotografie machte ich erst im Jahr 1990.
Jedenfalls als ich diese alte vergilbte Aufnahme in der Hand hielt, stand mir der Name der Kamera mehr als deutlich vor Augen - es war eine Beirette…
War mir so überhaupt nicht mehr geläufig war, dass das ja ein Produkt aus der ehemaligen DDR war. Der Hersteller Beier, bzw. die VEB Kamerawerke Freital sind nicht umbedingt die ersten Marken, die einem im Bezug zu Kameras aus der DDR zuerst in den Sinn kommen. Viele Jahre hatte mich die Trümmer meiner Beirette bei meinen vielen Umzügen immer wieder begleitet. Doch den letzten Umzug im Zuge der Renovierung dürfe die Kamera mit der dieses alte Bild entstanden ist, nicht überlebt haben.
In einem Anfall von Nostalgie - der sich ja durch die kompletten Wienfluss.Erinnerungen zieht, stöberte ich im Internet um bei einem Grazer Secondhand Fotohändler mehrere dieser alten Kamera-Plastik-Bomber um ganz wenig Geld zu finden. Natürlich musste ich mir so ein Ding bestellen. Zwei Tage später legte die Post das Paket mit der Beirette vor unserer Haustür ab.
So etwas wie eine Auspack-Zeremonie hatte ich noch bei keinem Ding gemacht. Doch bei der Beirette war mir doch irgendwie sehr danach.
Auch das Einlegen des ersten Films in dieses neue, alte Erinnerungsstück musste ich mal schnell festhalten.
Betrachtet man die Ausstattung dieser Kamera, so ist man schon fast versucht von Minimalismus zu reden. Diese Kameras wurde zwischen 1974 - 1989 in riesigen Stückzahlen gefertigt. Der damalige Preis von in etwa 200 Schilling spricht sehr dafür, dass mir die Beirette irgendwann am Ende eines Flohmarktes in der Kettenbrückengasse in Wien in die Hände gefallen sein muss. Wo hätte ich damals als Jugendlicher 200 Schillig herhaben sollen?
Das Objektiv der Beirette ist eine lichtstarke (f2.8) Normalbrennweite von 45mm. An Verschlusszeiten wird einem 1/125s, 1/60s, 1/30s oder Bulb bzw. das Einstellen dieser Zeiten über selbsterklärende Sonnen- und Wolkensymbole geboten. Stöbert man etwas im Internet, dann wird man darüber aufgeklärt, dass das Objektiv eine gute Schärfe ab f8 liefert. Da lass ich mich dann mal überraschen! Jedenfalls kann man eine Kamera zwar noch einfach bauen, aber nicht wirklich viel einfacher.
Jedenfalls ist der erste Film eingelegt und die nächsten 36 Aufnahmen werden spannend und wenn das Ding so halbwegs die Belichtungszeiten hinbekommt, dann wird mich diese Beirette nach knapp 40 Jahren bei einer meiner nächsten Touren am Wienfluss begleiten.
Was für eine kleine Zeitreise …
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