2014-2015 / enns.stones
Manchmal sind es die zufälligen Begegnungen, die eine Geschichte beginnen. Vor gut zehn Jahren sprach mich bei einer fotografischen Veranstaltung ein Kollege aus Enns an. Die Enns führe wegen eines Kraftwerks ungewöhnlich wenig Wasser, meinte er – vielleicht interessant für mich. Und er sollte recht behalten. Freigelegt lagen nicht nur Gesteinsformationen, sondern Spuren einer längst vergangenen Welt: Sandbänke, Schichten, Muster, als hätte sie jemand von feiner Hand gezeichnet. Es waren Ablagerungen aus dem Eggenburgium-Ottnangium – 20 bis 17 Millionen Jahre alt, entstanden in einem Urmeer, das längst verschwunden ist, aber seine Handschrift in Schlieren und Sandstreifen hinterlassen hat.
Geologen nennen diese Gebilde „Sandstreifenschlier“ – ein poetischer Name für das Ergebnis von Sturm und Strömung, für massive Sandpakete, die tief in weicheren Meeresboden eingesunken, wie Erinnerungen zurückbleiben. Für mich ist diese Serie nicht nur eine Reise in geologische Tiefen, sondern ein Beleg dafür, wie weit man kommt, wenn man Augen und Ohren offen hält. Oft liegt das Unvorstellbare gleich hinter der nächsten Flussbiegung.