Photographie & Promptographie
Spätestens seit der Geschichte von Boris Eldagsen und seiner Teilnahme am Sony World Photography Awards 2023 geht es in der fotografischen Gemeinde immer wieder um KI generierte Bilder. Die Reaktionen, bzw. die Nicht-Reaktion der Veranstalter des Sony World Photography Award lässt sehr auf deren Hilflosigkeit dabei schliessen. Anscheinend ist man sich nicht ganz klar darüber gewesen wie Fotografie zu definieren sei.
Wieviele prämierte Arbeiten, die im eigentlichen Sinne keine Fotografien waren, werden wohl in den letzten Jahren bei solchen Wettbewerben in den oberen Rängen gewesen sein? Vor der Möglichkeit mittels textbasierter KI Bilder zu erzeugen, werden es dann wohl auch Composings gewesen sein, die von den Jurys fälschlicherweise als Fotografien interpretiert worden waren.
Selbst hochkarätige Jurys, wie z.B. des bekannten World Press Photo Award hatten im letzten Jahrzehnt immer wieder Probleme mit unerlaubten Bildmanipulationen bei eingereichten Bildern.
Dabei machen es kleinere, nationale Wettbewerbe aus der Naturfotografie eigentlich vor. RAW-Check heisst hier das Zauberwort. Alle als Gewinner infragekommenden Einsendungen werden vor der eigentlichen Prämierung mit der ursprünglichen RAW-Datei verglichen. Dadurch erspart man sich etwaige nachträgliche Peinlichkeiten durch fälschlicherweise prämierte Arbeiten.
2006 löste ich Diskussionen mit einem, meiner zum Wettbewerb des VTNÖ eingesandten Arbeiten aus. Ich hatte es mittels HDR-Technik erschaffen. Dieses Bild wurde mit dem Platz 1 in der Kategorie Landschaft prämiert. Doppelbelichtungen waren ja grundsätzlich erlaubt. Ob nun eine HDR-Serie auch unter „Doppelbelichtungen“ fiel war man sich damals nicht ganz sicher.
Zumal die Verrechnung der einzelnen Teile des HDR am Computer statt fand. Aber es blieb beim ersten Platz in der Kategorie Landschaft.
Vom heutigen Standpunkt aus, würde ich dieses Landschaftsbild nicht mehr als Fotografie bezeichnen.
Foto, Fotografie
Beobachtet man die Verwendung der Sprache, so wird heute schnell mal etwas als Foto bezeichnet. Das Wort Foto wird umgangssprachlich als Synonym für fast jede Art von bildlicher Darstellung verwendet, meist ohne den Ursprung einer Abbildung genauer zu hinterfragen.
Die Debatten um KI generierte Bilder hat zumindest mal dazu beigetragen, diese sprachlichen Ungenauigkeiten aufzuzeigen und dazu anzuregen, darüber nachzudenken, was denn eine Fotografie eigentlich ist.
Doch der KI Geist ist nunmal aus der Flasche und wird nicht mehr zurückgehen. Es gibt nun neben der richtigen Fotografie und Composings nun eine neue, weitere Art um Bilder mit fotografischer Anmutung zu erzeugen.
Seit mehr als zwanzig Jahren greife ich zur Kamera. War es zu Beginn technische Neugier an der digitalen Fotografie, so wurde die Beschäftigung damit bald zur Passion und zum Broterwerb. Neben der anfänglichen technischen Komponente reizte mich das Erschaffen von Bildern.
Erst durch die viel spätere Spezialisierung auf die digital Schwarzweiss-Fotografie habe ich verstanden, warum ich überhaupt zur Kamera greife. Gerne würde ich zeichnen können um Bilder zu erschaffen. Die Fotografie hatte sich hier als äusserst guter Ersatz für mein zeichnerisches Unvermögen erwiesen.
Durch die Beschäftigung mit der digitalen Schwarzweiss-Fotografie hat sich mir dann etwas später auch ein Zugang zur chemischen, analogen Fotografie eröffnet. Ist die digitale Fotografie mit deren Möglichkeiten für mich der Ersatz für das Zeichnen, so hat sich die analoge Fotografie in meinem Verständnis zu einem ursprünglichere, puren Zugang zum Bilder machen herauskristalisiert. Beide Prozesse, der Digitale und der Analoge haben gemeinsam, dass sich die Bilder am Ende bei mir immer als Prints manifestieren.
Sowohl die digitale, als auch die chemische, analoge Fotografie empfinde ich als höchst kreative Tätigkeit.
Seit einiger Zeit gibt es nun neben der Fotografie und anderen Möglichkeiten der bildenden Künste, eine neue völlig andere Alternative um Bilder zu erschaffen. Die textbasierte, generative KI.
Textbasierte, generative KI
Mittels einer Texteingabe (Prompt) hat man nun die Möglichkeit Bilder zu erschaffen, die in der Realität kein Pendant haben. Bilder, die auf den ersten Blick sehr große fotografische Anmutung zeigen.
So wie die Fotografie als letzte große Erfindung der Menschheit um Bilder zu erzeugen Verwerfungen mit sich brachte, so wird es auch bei dieser Technologie sein. Fake-News, Deep-Fakes, Urheberrecht und die Authentizität von damit generiert und gezeigten Bildern stehen dabei auf dem Prüfstand. Alles Themen, die wenn sie nicht verschlafen werden durchaus von der Politik auch einer vernünftigen Handhabung zugeführt werden könnten.
Ich muss zugeben, dass ich dieser neuen Technik Anfangs mit Kopfschütteln gegenüberstand. Wahrscheinlich eine ganz normale und typische Reaktion aus dem Umfeld der Fotografie.
Als Kind der Heimcomputer-Generation der 80iger Jahre habe ich trotz meiner Affinität zu allen „Digitalen“ einige Entwicklung für mich digitalen Möglichkeiten der letzten 15 Jahre etwas zu spät aufgegriffen. Daraus entstand irgendwann der Entschluss sich neue, eventuell wichtige Technologie doch zumindest in der Theorie genauer anzusehen, bevor sich die Ablehnung fest zementiert.
Die Teilnahme Boris Eldagsen an den Sony World Photography Awards und dann dessen Ablehnung, des ihm verliehenen Preises hat mich dazu gebracht, einen genaueren Blick auf diese neue bilderzeugende Möglichkeit zu werfen.
Es ist wieder eine Mischung aus Interesse an der Technik und der Faszination Bilder zu erschaffen, wie am Anfang meiner Beschäftigung mit der Fotografie, die es mir hier möglich gemacht hat meine geistigen Vorurteile beiseite zu schieben und die Dinge mal selbst auszuprobieren.
War es am Anfang meiner Fotografie, vor über zwanzig jahren noch mein Wunsch naturfotografisch korrekte Abbilder der von mir gesehenen Wirklich aufzunehmen, so hat sich das inzwischen gewandelt.
Mittlerweile geht es mir beim Fotografien nicht darum das aufzunehmen was „man“ sieht, sondern so zu fotografieren wie „ich“ etwas sehe. Die digitale Fotografie ist dafür ein hervorragendes Mittel. Arbeite ich rein analog, so bin ich dabei näher daran an dem, was ich als ursprüngliche Fotografie bezeichne.
Bei genauerem Hinsehen und Nachdenken darüber, dass ich ja die Fotografie eigentlich deshalb nutze, da ich keinerlei Begabung beim Zeichnen habe ist mir klar geworden das sich durch die neue Möglichkeit eine zusätzliche Alternative auftut um Bilder zu erschaffen.
Somit habe ich nach einigen Experimenten mit der textbasierten, generativen KI beschlossen, dieses neue, kreative Mittel zur Bilderzeugung in meinen persönlichen Kanon zur Erschaffung von Bildern aufzunehmen.
KI Bilder sind keine Fotografien
Als Fotograf, als jemand der Workshops im Bereich Fotografie abhält und als Mitbetreiber einer Photo-Galerie ist es mir aber auch ein Anliegen dafür zu sorgen, zur Unterscheidung zwischen dem Begriff „Fotografie“ und „KI-Bilder“ beizutragen.
Bilder, die Mittels einer KI erzeugt werden, sind ebenso keine Fotografien wie Zeichnungen oder Malereien. Es sind KI-Bilder, ebenso wie Zeichnungen, eben Zeichnungen und Malereien eben Malereien sind.
Dadurch, das KI-Bilder oft eine hohe fotorealistische Anmutung haben können, ist meiner Meinung nach eine Kennzeichnung dieser Werke äusserst wichtig.
Kennzeichnung
Digitale/Hybride und rein analoge Fotografie wird bei mir in Zukunft als Photographie bezeichnet. Bilder die mittels KI von mir erstellt werden, bezeichne ich in weitere Folge als Promptographie. Und fertige Bilder, die mittels Composing entstanden sind, sind ja eigentlich selbstredend keine Fotografien.
Die Bezeichnung „Prompt“ ist dabei ein Hinweis auf den Entstehungsprozess und die Möglichkeit der kreativen Einflussnahme mittels Texteingabe durch einen Menschen.
Da ich, die von einer KI erzeugten Promptographien wie digitale Negative betrachte, versteht sich von selbst, dass diese dann meinen Wünschen entsprechend auch der Nachbearbeitung unterliegen.
Als Fotograf / Kreativer ist es mir aber wichtig im Bezug auf den Entstehungsprozess meiner Bilder für Betracher:Innen Klarheit darüber zu schaffen, auf welchem Wege die Ausgangsmaterialien meiner Bilder entstanden sind.
Prinzipiell sehe ich keinen Unterschied im Endergebnis darin, ob ein Bild nun durch Composing oder durch die Texteingabe mittels Prompt entsteht. Bei diesen Prozessen ist die Kreativität, die Erfahrung und das Können auf unterschiedliche Art und Weise gefordert.
Sowohl bei der Promptographie als auch beim Composings ist menschliche Kreativität ausschlaggebend, dass überhaupt ein Bild entsteht. Beide Arten der Bilderschaffung sind, neben der Fotografie unterschiedliche Methoden um sich selbst auszudrücken.
Alle Arbeiten auf meiner Webseite sid mit einer Katalog-Nummer (Kat.No.) versehen und gekennzeichnet. Über die Kat. No. wird man über den Ursprung des jeweiligen Bildes informiert.
D steht dabei für digital fotografiert und digital nachbearbeitet. H steht für analog fotografiert und digital nachbearbeitet. A steht für analog fotografiert und analog nachbearbeitet. C steht für Composings, die aus meinen eigenen Photographien entstand sind. AI steht für Bilder, die ihre Grundlage in einer textbasierten, generativen Bild-KI haben.
Die Kennzeichen C und AI sind nun neu hinzugekommen.
Damit denke ich, ist jedem Betrachter klar wie die jeweiligen sichtbaren Endergebnisse ihren Anfang, ihren Ursprung genommen haben.
Dr KI-Geist ist aus der Flasche. Ohne Zweifel wird es in der Bilderbranche deswegen Verwerfungen geben. Da ich mich als kreativer Mensch verstehe und nicht nur als Fotograf, möchte ich diese neue Möglichkeit zum Erschaffen von Bildern nicht ignorieren.
Derzeit ist der wesentliche Bestandteil am Endergebnis eines Bildes, egal ob es eine Fotografie, Composings oder KI generierte Bilder sind immer noch ein kreativer Mensch.
Somit kann diese neue Art von Bilderzeugung auch zu einem weiteren Mittel des persönlichen Ausdrucks werden.
PS: Die Bilder in diesem Beitrag sind der Reihe nach ein Composing, eine Photographie und eine Promptographie.
1 Beitrag zum Thema "Photographie und Promptographie"
Sehr ehrliche Haltung deine Bilder zukünftig zu kennzeichnen und damit offen gegenüber allen anderen kreativen Prozessen zu sein! Promptographie ist eine geniale Bezeichnung.....Gratulation!!!!
Cornelia, 07.06.2023