Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch
Wenn man noch an das Christkind glaubt, dann ist ja in einigen Tagen wieder soweit. Ich für meinen Teil hatte als Kind mal versucht das Christkind gleich nach der Bescherung einzufangen. Ein Vorhaben, das durchaus von mir vorbereitet, geplant aber nur so lala auch durchgedacht worden war. Soweit man das halt im Volksschulalter schafft. Allerdings wäre der Versuch das Christkind einzufangen fast zu einer richtigen Katastrophe am Heiligen Abend geworden.
Weihnachten in Wien, irgendwann Ende der 1970iger Jahre.
Damals wohnten wir unweit des Naschmarkts in Wien Mariahilf. Während der Bescherung wurde ich immer im Schlafzimmer, das gegenüber dem Wohnzimmer lag als Kind festgesetzt. Das Klingen eines Glöckchens markierte immer den Zeitpunkt der Bescherung. Gleich darauf machte sich das Christkind, so dachte damals jedenfalls aus dem Staub. Zurück blieben die Geschenke, die das Christkind ja angeblich mitgebracht hatte.
Irgendwann hatte ich mir dann in den Monaten vor Weihnachten vorgenommen, da ja kein Kind bisher das Christkind zu Gesicht bekommen hatte, es einfach einzufangen.
Wir hatten Hauskaten, im Wohnzimmer, im Vorzimmer und im Schlafzimmer war an den Fenstern überall Katzengitter angebracht. Meine kindliche Logik schloss daher, dass das Christkind bei uns eigentlich nicht wie sonst üblich durch ein geöffnetes Fenster mit den Geschenken kommen könne. Bei uns musste es durch die Eingangstür hereinkommen um über das Vorzimmer ins Wohnzimmer zu kommen. Dann dort die Geschenke abladen um anschliessend wieder durch die Tür zum Wohnzimmer und die Eingangstür zu verschwinden.
Nachdem ich kurz vor der Bescherung ins Schlafzimmer gesetzt worden war, wurde immer die Wohnzimmertüre zugemacht. Ich dachte also, die beste Möglichkeit das Christkind einzufangen, wäre der Moment sobald es das Wohnzimmer verlässt.
Wir wohnten damals unweit des Flohmarkts an der Kettenbrückengasse. Jeden Samstag tummelten sich dort die vielfältigsten Flohmarkt-Verkäufer mit ihren Waren. Am Ende des Flohmarktes blieb viel liegen und die Wiener Müllabfuhr hatte immer alle Hände voll zu tun, um das Flohmarkt Areal in ein paar Stunden wieder in einen benutzbaren Parkplatz zu verwandeln.
Bei einer dieser Müllaktionen fand ich ein Gerät, das mir dabei helfen sollte das Christkind zu fangen. Ich nahm es mit und versteckte es unter meinen Spielsachen. Die Wochen vergingen und dann stand der 24. Dezember am Kalender.
Weihnachten, speziell der heilige Abend war zu diesen Zeiten in meiner Familie mehr oder weniger immer ein Fiasko. Trotzdem gab es einen Weihnachtsbaum und auch einige Geschenke. Meine Mutter und ich lebten damals bereits alleine, ihr Vater, mein Opa kam eigentlich immer am Heiligen Abend auf einen Besuch vorbei. So auch an diesem Abend.
Am frühen Abend war dann der Zeitpunkt für die Bescherung gekommen. Wie auch früher schon wurde ich ins Schlafzimmer gesetzt, die Tür zwar zugemacht aber nicht verschlossen und im Wohnzimmer legte das Christkind die Geschenk, so dachte ich jedenfalls unter unseren kleinen Weihnachtsbaum.
Das war der Moment, in den ich meinen Plan das Christkind einzufangen in die Tat umsetzte. Das handliche Gerät, das ich vom Flohmarkt unbemerkt mitgenommen hatte, lag schon bereit. Ich schlich damit ins Vorzimmer stecke es mit einem kurzen Stück Verlängerungskabel in eine Steckdose und hängte es auf die Klinke der Tür zum Wohnzimmer.
Das Gerät, das ich aus dem Müll am Ende eines Flohmarkts gezogen hatte war ein Tauchsieder.
Unbemerkt schlich ich mich wieder ins Schlafzimmer, schloss die Tür und setzte mich wieder auf eine der Bettkanten und wartete gespannt. Das Christkind konnte ja wegen den Katzengittern nicht durch eines unserer Fenster abhauen, sondern wie ich mir dachte, nur wieder durch die Eingangstür unsere Wohnung wieder verlassen.
Es läutet im Wohnzimmer und ich wurde aufgeregter. Kurz darauf hörte ich einen lauten, sehr jammervoll klingenden Schrei und es polterte ziemlich laut im Wohnzimmer. Ich war starr - hatte ich das Christkind erwischt?
Kurz darauf wurde die Schlafzimmertür aufgerissen und meine Mutter verpasste mir, wie man in Wien so schön sagt eine „gsunde Watschn…“.
Was war passiert?
Wie so oft gab es eine unglückliche Verkettung der Ereignisse.
Eigentlich wollte ich mit dem heissen Tauchsieder das Christkind erschrecken und wahrscheinlich hätte es dann ein Pflaster oder so etwas in der Art benötigt. Während dessen wollte ich es ja einfangen, zumindest war so der Plan.
Aber ich wusste nicht, dass dieser spezielle Tauchsieder defekt war. Er produzierte nicht nur Wärme, sondern das offenliegende Metall, das eigentlich nur Wärme abgeben sollte, leitete auch Strom. Dieser Tauchsieder hing ja an der Türklinke zu Wohnzimmer.
Allerdings kam nicht wie erwartet das Christkind als erstes aus dem Wohnzimmer, sondern mein Opa.
Dieser griff ohne zu wissen was ihn erwartete auf die Türklinke und bekam einen heftigen Stromschlag ab. So stark, dass er ins Wohnzimmer zurückgeworfen wurde und ziemlich benommen am Fussboden, neben dem Weihnachtsbaum und den darunter liegenden Geschenken liegen bliebt.
Das zweite Problem an der ganzen Angelegenheit waren die Sicherungen in unserer Wohnung. Die waren irgendwann mal kaputtgegangen. Aber anstatt sie auszutauschen, wurde sie „geflickt“. Dadurch verloren sie aber ihre Eigenschaft, bei einer zu großen Stromstärke durchzubrennen und damit auch den Stromfluss zu unterbrechen.
Es war aber damals in Wien nicht unüblich, Sicherungen mittels eines Drahtes und einer Münze wieder zu „reparieren“. Das ging natürlich auf Kosten der Sicherheit, aber es sparte Geld.
Somit leitet der Tauchsieder nicht nur Hitze, sondern auch Strom in die Türklinke zum Wohnzimmer. Aber aufgrund der geflickten Sicherungen viel der Strom zumindest nicht gleich aus.
Das bekam mein Opa quasi aus ersten Hand zu spüren. Sein Glück war nur, dass er nicht an der Türklinke am Strom kleben blieb, sondern in hohen Bogen durchs Wohnzimmer geworfen wurde. Sonst hätte es für meinen Opa durchaus das letzte Weihnachtsfest sein können.
Nachdem sich mein Opa wieder erholt hatte, die Beschimpfungen durch meine Mutter in meine Richtung wieder abgeklungen waren beruhigte sich die durchaus angespannte Situation wieder. Der Tauchsieder wurde mir abgenommen und entsorgt. Schlussendlich konnte ich mich den Geschenken, die unter dem Weihnachtsbaum lagen widmen.
Allerdings hatte ich an diesem Weihnachtsabend gelernt, dass es erstens überhaupt kein Christkind gab und das Erwachse ihre Kinder im Bezug auf das Christkind jahrelang ohne mit der Wimper zu zucken anschwindeln.
Es gibt also gar kein Christkind
Wahrscheinlich gibt es auch keinen Weihnachtsmann. Doch mit der „Causa Weihnachtsmann“ habe ich mich seit dem Christkind-Vorfall bis heute nicht beschäftigt. Es ist also noch nicht sicher ob es einen Weihnachtsmann auch tatsächlich gibt. Na vielleicht werde ich nächste Weihnachten dieses Projekt mal angehen.
Mittlerweile wohne ich ja an einem Ort, an dem es ordentliche FI-Schalter im Sicherungskasten gibt.
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr…
Eurer Herbert
PS: Es ist immer gut die eigenen Kinder während der Bescherung doch im Auge zu behalten ;.)
FRAGE AN EUCH
Hat jemand von Euch den echten Weihnachstmann schon gesehen?
Diejenigen, die mir die eine Antwort zuschicken, erhalten per Post ein klitzekleines Dankeschön zugeschickt.
2 Beiträge zum Thema "Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch"
Lieber Herbert,
genüsslich wars, deine Weihnachts-Safari zu lesen, die ja, bei aller Brisanz der verwendeten Mittel, ein glückliches Ende nahm. Der Übergang des kindlichen Wahrnehmens vom Christkind hin zu der Erkenntnis, dass es das a-nicht gibt, und b-die Eltern uns angeschwindelt haben, ist die harte Schule des Lebens. Bei uns kam am 06.12. immer der Nikolaus. Nach einigen Jahren hochanständigen Gedichte-Aufsagens und einer Mischung aus Angst und Respekt, habe ich allen Mut zusammengenommen, und den Nikolaus des Diebstahls bezichtigt. Denn was war mir aufgefallen? Er hatte doch tatsächlich die Schuhe meines Opas geklaut, und frech, wie er war, bei seinem Besuch zu uns angezogen! Wie das an dem Abend ausging, weiß ich gar nicht mehr exakt, er ist in der Aufmachung jeden falls nie wieder erschienen... ;-))
Herzliche Grüße
Dirk, 27.12.2023
Servus Dirk,
deine Geschichte ist aber auch sehr köstlich. Die wäre als längerer Text sicherlich auch ein humorvoller Genuss.
Grüsse
Herbert
Herbert, 12.1.2024