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Wiener Zentralfriedhof



Die Wiener und der Tod - von jeher eine spannende Beziehung, eine die auch immer etwas mit dem „Wiener Schmäh“ in Zusammenhang steht. Denn den Wienern wird bis heute ein eher lockeres Verhältnis zum Tod nachgesagt und schliesslich bin ich ja gebürtiger Wiener. Auf jeden Fall ist ein Friedhof immer eine Welt für sich - ganz besonders trifft das auf den Wiener Zentralfriedhof zu. Ein Friedhof auf dem mittlerweile schon viel mehr Menschen beerdigt worden sind, als derzeit in Wien leben. Immerhin einer der größten Friedhöfe in Europa.

Eine Frage, die einem immer wieder durch den Kopf geht ist „Warum geht man eigentlich auf einen Friedhof um Fotos zu machen?“. In meinem fotografischen Leben ist der Zentralfriedhof und der Bereich des alten jüdischen Friedhofsteil erst sehr spät aufgetaucht. Als Jugendlicher gab es an und ab die Mutprobe zu bestehen nach Mitternacht über die Mauer des Zentralfriedhofs zu steigen und zwischen den Gräber herumzulaufen. Aus heutiger sich eine eher zweifelhafte Sache, aus damaliger Sicht - nun, ja Jugend halt.

Damals ahnte ich noch nicht, dass ich mich dort viele Jahre später auf der Suche nach Motiven - allerdings bei Tageslicht, immer wieder herumtreiben würde. Immerhin der erste Besuch mit Kamera liegt nun auch schon bald 10 Jahre zurück.

An den Gräbern des alten jüdischen Friedhofs vorbeizu gehen, bzw. vorsichtig durch die Reihen der Verstorbenen zu wandern hat für mich immer den Anflug einer Zeitreise. Unzählige Gräber sind aus dem 19.Jahrhundert, viele um die Jahrhundertwende und einige sind auch neueren Datums. Aber eigentlich so gut wie alle wurden angelegt, bzw. die Menschen wurden beerdigt lange bevor ich in Wien zu Welt gekommen war. Irgendwie wandert man dort durch die Zeit - liest die heute ungebräuchlichen Vornamen und die oft noch seltenere Nachnamen der Verstorbenen. Wer waren sind, welche Dinge haben sie erlebt - wie sind sie gestorben.

Berührend sind oft die Grabinschriften, sie zeigen familiäre Verbundenheit und auch hin und wieder den Beruf oder die Besitzverhältnisse.

Nichts vergeht - im physikalischen Sinne verschwindet nichts, keine Energie geht jemals verloren. Daran werde ich immer wieder erinnert am Zentralfriedhof. Vergleicht man die Sterbedaten an manchen Gräbern und die Bäume die oft direkt davor, daneben oder manchmal auch unmittelbar aus den alten Gräber wachsen, so zeigt sich mir der Gedanke der Wiedergeburt dort auf ganz besondere Art und Weise.

So ganz kann ich mir die Frage „Warum man dort fotografiert?“ noch immer nicht beantworten. Aber in den letzten 10 Jahren ist mir dieser Ort - so befremdlich das auch für manche sein wird, vertraut geworden und zu solchen Orten zieht es mich immer wieder mit der Kamera hin.

Eine Auswahl der Fotografien aus den letzten 10 Jahren vom Wiener Zentralfriedhof findet ihr hier - Photographien->Wiener Zentralfriedhof.


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© Herbert Koeppel

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