Was ist hier passiert?
Ende Oktober war ich von meiner letzten diesjährigen Taugl Abenteuer-Woche retour gekommen. Alles war gut gegangen, niemand war nass geworden, auch gab es keine Pannen hinsichtlich der doch wasserempfindlichen Fotoausrüstungen. Einige Tage nachdem ich wieder daheim war, truddelte eine eMail mit dem Betreff „Davidgraben“ in mein eMail-Postfach. Christopher, der Absender schickte mir dabei einige Bilder aus dem Davidgraben und die Frage ob ich den wüsste was dort passiert sei. Den Christopher hatte eine Erfahrung gemacht, die wohl in der nächsten Zeit andere Fotograf:Innen dort ebenfalls machen werden.
Christopher, den ich nebenbei noch nicht persönlich kennenlernen durfte machte sich sogar Sorgen - ob dort nicht etwas abgebaut oder herausgebrochen worden war.
Veränderungen in geologischer Sicht laufen normalweise stetig aber doch für menschliche Begriff sehr, sehr langsam ab. Zum Beispiel werden die Alpen noch immer angehoben, aber so langsam, dass das eigentlich in menschlichen Betrachtungszeiträumen nicht bemerkbar ist. Gleiches gilt natürlich auch für die Landschaft in den vielen Seitenbächen und Gräben entlang der Taugl. Veränderungen im Sinne der Geologie sind ohne Zeitmaschine leider nicht erlebbar.
Anders sieht es aber dort mit kurzfristigen Veränderungen z.B. innerhalb eines Jahres aus. Starkregenereignisse und Schneeschmelzen schaffen es hier innerhalb kürzester Zeit doch recht große landschaftliche Umgestaltungen in Gang zu setzen. Auch wenn diese Landschaft aus Felsen, Steinen und Wasser für manche nahezu unveränderlich erscheint, so kann ich nach 16 Jahren Fotografie dort mit Sicherheit sagen, dass dem ganz und gar nicht so ist. Umgestürtzte Bäume, Felsverlagerungen und Auf- und Abtragungen von Schottermassen finden dort immer wieder statt. Die galoppierende Klima-Veränderung wird auch dort immer häufiger und heftiger für Umgestaltungen sorgen.
Betrachtet man die Enge mancher Seitenbäche, so ist es eigentlich verwunderlich das sich gröbere Umgestaltungen nicht des öftern einstellen.
Der vergangene September geht mit Blick auf Niederösterreich und den knapp eine Woche dauerndem Starkregen in die Katastrophengeschichte Österreichs ein. Niederösterreich hatte dabei das meiste an Regen abbekommen, geregnet hat es aber in ganz Österreich.
Auch im Raum südlich von Salzburg, auch an der Taugl wurde es feucht und aufgrund der Abkühlung und der Höhenlage hat es dort geschneit. Hinterher wurde es doch wieder ziemlich warm - zu warm für diese Jahreszeit - somit begann der Schnee dort rasch abzuschmelzen.
Diese Schneeschmelze im September dürfte sich ihren Weg durch die vielen Seitenbäche auf den Weg in die Taugl gemacht haben - so auch durch denn doch sehr schmalen Unterlauf des Davidgrabens. Ganz ordentliche Wassermengen haben dann ebenso große Gesteinsmengen mitgeführt haben. Das wiederum veränderte das Landschafsbild am fotografsichen Hotspot - dem Davidgraben.
In dem Bereich in dem Christopher nun die „tollen Kurven aus dem Internet“ aus dem Internet suchte, aber nicht mehr fand sind in etwa 2,5m Schotter aufgeschichtet worden. Das Motiv hinter dem alle her sind, ist von der Natur einfach zu einem großen Teil mit Schotter aufgefüllt worden. Die Kurven und der Wasserfall am Hotspot wirken nun etwas kleiner - man steht ja auch an dieser Stelle nun etwas deutlich höher als früher.
Die Befürchtungen von Christopher, die er in seiner eMail äusserte kann man ich also zerstreuen - obwohl weiter oben im Davidgraben immer wieder nach Fossilien gesucht wird, so wurde an diesem fotografischen Hotspot im Davidgraben nichts „abgebaut“ oder „herausgebrochen“. Es ist vielmehr die Natur, die diesen Graben in vergangenen Jahr umgestaltet hat.
Nun muss man nun näher ran ans Motiv und schon zum Ultraweitwinkel greifen um zu einem Bild, wie man es häufig im Internet sieht, zu kommen. Aus meiner Sicht sind diese Veränderung vollkommen normal, denn als ich vor 16 Jahren dort zum erstenmal fotografierte, sah der Wasserfall am Hotspot auch anders aus als ihn die meisten Fotograf:Innen in den Jahren danach dort vorfanden.
Sicher ist für alle, die derzeit zu diesem Motiv möchten, dass es jetzt etwas schwerer und abenteuerlich geworden ist um dorthin zu gelangen. Denn es gibt am Weg zum Hotspot nun einen neuen Wasserfall samt ganz schön tiefen neuem Becken davor - übrigens nicht zum erstenmal in den den langen Jahren an denen ich schon dort gewesen bin.
Der Davidgraben hat sich also sehr verändert. Der Hotspot ist nun fotografisch weniger attraktiv, bzw. sieht nicht mehr wie die unzähligen fotografischen Blaupausen im Internet aus. Ein Umstand, der sich durchaus positiv auf die Kreativtät der Fotograf:Innen auswirken könnte. Denn nun muss man mehr als früher nach einem eigenen Standpunkt suchen.
Kann sein, dass dieser Abschnitt des Davidgrabens nun weniger fotografiert wird. Sicherlich kein Fehler, denn wie ich aus der Erfahrung der letzten 16 Jahre gelernt habe, gibt es viele andere Stellen im Bereich der Taugl die nicht weniger interessant sind. Sofern man an der Landschaft und an der dortigen Geologie interessiert ist und nicht nur eine Kopie, von der Kopie, von der Kopie aus dem Internet nachfotografieren möchte - findet man unzählige andere Motive.
Für mich als Taugl-Veteran bleibt es weiterhin spannend. Wann die Kräfte der Natur diesen Hotspot wieder gröber umgestalten wird man sehen. Vielleicht sehr bald, viellicht nach der nächsten Schneeschmelze oder aber erst wieder in 16 Jahren.
Die Natur nimmt zum Glück keine Rücksicht auf die sich oft wiederholenden, pittoresken Wünsche der Fotograf:Innen. Und das ist gut so.