(Natur)Fotografie & Klimawandel
(Natur)Fotograf:Innen schreiben sich gerne den Schutz der Natur - der Fauna und Flora auf die eigenen Fahnen. Dabei wird gerne erzählt, dass es ihnen um die Schönheit, Einzigartigkeit und Zerbrechlichkeit der Natur auf unserem Planeten geht. Ein schöner Gedanke zweifellos - der allerdings bei genauerer Betrachtung mit Blick auf die das Klima belastenden Fahrten und Reisen der Naturfotograf:Innen heute nicht mehr so richtig zusammenpasst. Während die Zeiten in denen Fotograf:Innen von Zeitschriften in alle Welt geschickt worden sind um Aufnahmen zu machen, mehr oder weniger vorbei sind, haben sich in den letzten Jahren Amateur- und die neue Gattung der Nebenberufsfotografen:Innen aufgemacht rund um die Welt zu reisen um die Natur zu fotografieren.
Da wird viel geflogen und noch mehr mit dem PKW durch die Gegend gefahren. Da kommen schon mal bei Amateurfotograf:Innen in 10 Jahren beinahe 200.000 Flugkilometer oder während einer einzigen Reise mit dem PKW stolze 10.000km zusammen. Manche bewerben sogar mit ihren fast 230.000 zurückgelegten PKW-Kilometern die eigene Fotografie!
Die Liebe zur Natur zeigt sich da auf etwas eigenartige und mit Blick auf die Entwicklung unseres Klimas seltsame Art und Weise
Persönlich habe ich mich in Sachen Fahrten mit dem PKW bis vor einiger Zeit aber auch nicht wirklich viel anders verhalten. In dem bald drei Jahrzehnten meiner Fotografie bin ganz fleissig mit dem PKW in Österreich und und ein wenig in Europa unterwegs gewesen. Meist waren es mindestens 30.000km pro Jahr - also insgesamt stolze 900.000km. Ob man es glaubt oder nicht, in meinem Leben bin ich erst sechs mal mit dem Flugzeug durch die Welt gereist. Dabei sind aber auch schon 50.000km (19t CO2) bei Flugreisen zusammengekommen. Beim Wunsch die Schönheiten der Natur und andere Dinge fotografisch festhalten, habe ich also auch ganz schön kräftig dabei mitgewirkt, dorthin zu kommen wo wir uns in Punkto Klima derzeit befinden und hinbewegen.
Immerhin habe ich es vornehmlich mit dem PKW und auch mit dem Flugzeug auf eine riesige Menge CO2 gebracht - 99% davon für die Fotografie. Nimmt man in Gedanken den derzeitigen CO2-Preis heran, so ergäbe sich eine schöne Summe, die ich eigentlich unserem Planeten schulden würde.
Hatten zunächst 2022 die Kosten für Energie - vor allem für Treibstoff bei mir ein Umdenken in Sachen Energieverbrauch angestossen - so hat sich seit damals mein Fokus immer mehr in Richtung weniger Verbrauch - insbesondere von fossiler Energie verschoben. Literatur zu diesem Thema, Unterhaltungen mit anderen Menschen und vor allem die Beobachtung des Verhalten vieler Mitmenschen in Punkto Klima haben meinen Blickwinkel auf das was wir tun sehr zurechtgerückt.
Leider leben wir immer noch durch und durch in einer von fossiler Energienutzung geprägten Gesellschaft und das wird leider auch noch ziemlich lange so bleiben. Denn das zu ändern, so schnell wie es nötig wäre, bringen wir einfach nicht zusammen. Langsame und zögernde Politik, Wirtschaft die noch lange Zeit von Erdöl und Erdgas abhängig sein wird und unsere sehr bequeme Art zu Leben, sowie uns übersteigertes Bedürfnis nach individueller Mobilität, Schnelligkeit und unsere Bequemlichkeit und Trägheit werden unser Klima noch eine ganz Weile aufheizen - dafür spricht einfach unser derzeitiges Verhalten.
Mittlerweile bezweifle ich es sehr, dass wir diese Herausforderung als Menschheit tatsächlich vernünftig in den Griff bekommen.
Doch wo fängt die Veränderung von Verhalten eigentlich an? Meiner persönlichen Erfahrung nach zunächst bei einem selbst, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. CarSharing und das KlimatTicket Ö haben mir eine Möglichkeit in die Hand gegeben um meinen fossilen Beitrag zur Klimaerwärmung zu reduzieren. Allerdings sollte die Verantwortung nicht nur auf einzelne Menschen abgewälzt werden - auch die wirklichen großen Verusacher müssen von der Politik ernsthaft in die Verantwortung genommen werden.
Was tun wir da eigentlich?
Ist es also nicht langsam an der Zeit das wir Fotograf:Innen anfangen zu überdenken, was wir da eigentlich tun? Natürlich kann man niemanden das Reisen verbieten - hier ist aber Selbstreflexion und der Blick in die Zukunft unserer Kinder und Enkel gefragt.
Ist es uns tatsächlich Wert für Aufnahmen, die so oder in ähnlicher Art und Weise schon von unzähligen Fotograf:Innen vorher gemacht worden sind eine klimatechnisch unbezahlbare Rechnung an unserer Nachkommen zu schicken?
Ich denke, dass jeder der sich auf die Fahnen schreibt mit seinen Fotografien den Menschen die Schönheit der Natur vor Augen führen zu wollen, mittlerweile verpflichtet wäre, über das eigene Reiseverhalten ernsthaft, sowie über Alternativen im Bereich Reisen nachzudenken. Es lässt sich in vielen Fällen auch Reisen und dabei den Versuch zu machen, den eigenen Fussabdruck auf unser Klima so klein wie möglich zu halten.
Reisen ist zweifelsohne eine schöne Sache, es eröffnet neue Perspektiven, bringt neue Erfahrungen und man lernt vieles über die Orte die man besucht und auch über sich selbst. Allerdings wird es Zeit darüber nachzudenken ob die Reise mit dem PKW, bzw. mit dem Flugzeug tatsächlich wirklich immer die einzige Möglichkeit ist, um an einen bestimmten Ort zu gelangen.
Selbstauferlegter Zeitdruck und sich von der gesellschaftlichen Beschleunigung mitreissen zu lassen ist noch kein zwingendes Argument um immer so schnell wie möglich von A nach B zu kommen. Gerade durch Flugreisen geht einem das Gefühl und der Respekt über die zurückgelegten Entfernungen, sowie dem energietechnischen Aufwand der betrieben werden muss, um unsere Körper durch die Gegend zu kutschieren verloren.
Die Bequemlichkeit ist wahrscheinlich eine der größten Triebfedern der Menschheit - zweifelsohne hat sie uns in unserer menschlichen Entwicklung vorwärts gebracht. Allerdings ist sie heute zum beherrschenden Argument und Ausrede für vieles geworden und sie bringt uns Schritt für Schritt einem immer wärmeren und dadurch instabilerem Klima näher. Mehr Zeit zu investieren um von A nach B zu kommen, bedeutet nicht immer Lebenszeit zu verlieren oder dem oft beschworenen Zeitverlust zu erliegen.
Beim Versuch von A nach B zu kommen geht es mir seit einiger Zeit nicht mehr darum, eine Strecke zu schnell wie möglich zurückzulegen. Es bedeutet für mich die Möglichkeit mit meiner eigenen tickenden Lebenszeit auch während einer Fahrt, einer Reise etwas anderes tun zu können, als nur ein Lenkrad in der Hand zu halten und versuchen auf der Autobahn nicht zu sterben.
Für mich bedeutet es eine Reise, eine Strecke bewusster zu erleben und mit meiner tickenden Lebenszeit während der Reise auch etwas anderes tun zu können - nämlich wieder etwas zur Ruhe zu kommen und dadurch den Weg von A nach B auch etwas mehr als Ziel zu betrachten.
Aber man muss die Sache auch realistisch sehen - derzeit ist es in unserer Gesellschaft nicht wirklich möglich ein Leben ohne Treibhausgas-Emissionen zu produzieren zu führen - da müssten mal als erstes auch sofort zu Atmen aufhören. Aber gerade wir Bildermacher:Innen sollten gut darüber nachdenken, wieviel wir unserem immer wärmer und instabiler werdendem Klima um Fotos zu machen zumuten möchten. Die meisten, die heute in meinem Alter sind werden die klimatechnische Rechnung nur zu einem sehr geringen Anteil begleichen müssen - der Löwenanteil der Klimarechnung wird von unseren Kindern und deren Kindern beglichen werden müssen.